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Eat Pray Love oder warum es nicht immer sinnvoll ist, einem balinesischen Heiler zu begegnen

4 Kommentare

Na gut, der Name des balinesischen Brahmanen war nicht Ketut, sondern irgendwie anders. Ich habe ihn vergessen, so wie ich eigentlich die ganze Geschichte lieber vergessen würde. Eat Pray Love hatte ich längst gelesen als ich letztes Jahr mit einer Freundin für fünf Wochen nach Bali kam. Ich liebe Bali und könnte Monate dort verbringen. Dieses Mal kam ich, um eine Ayurveda-Kur zu machen. Wie fast jede (haben irgendwelche Männer das Buch eigentlich gelesen?) fand ich das Buch außerordentlich inspirierend. Und welche Frau zwischen Mitte Dreißig und Vierzig beneidet nicht die Protagonistin für die konsequente Umsetzung ihrer Wünsche und Bedürfnisse?

Wir hatten schon fast drei Wochen entbehrungsreicher Zeit mit vegetarischer Kost, Kräutertabletten und Ghee hinter uns, als uns unser Yogalehrer von seinem Bekannten erzählte. Ein alter Mann um die achtzig, der tief in die Geheimnisse balinesischer Heilkunst eingeweiht war und der sich gegen eine kleine Spende mit den gesundheitlichen Sorgen der Menschen befasste. Vor vielen Jahren hatte er das im Familienbesitz befindliche Buch geerbt, dass ihm dieses Wissen vermittelte. Meine pendelnde Freundin war sofort begeistert und da ich das Buch gelesen hatte, war ich zumindest neugierig. Ich kann nicht verhehlen, dass ich Dingen, die nicht recht nachvollziehbar sind (dazu gehört auch das Pendeln), skeptisch gegenüberstehe. Außerdem war ich ein wenig ängstlich. Schließlich muss man ja in solchen Situationen mit dem Schlimmsten rechnen. Z.B. die Nachricht “Morgen bist Du tot”. Die Neugierde war stärker und so hat uns unser Yogalehrer zum Haus des Brahmanen gebracht.

In einem mit Kissen ausgelegten und nach allen Seiten offenen Balé lag gerade eine Patientin, die offensichtlich Nierenprobleme hatte und Ratschläge zu deren Kurierung bekam. Ja, alles öffentlich. Gott sei Dank kam nach uns keiner mehr. Das dachte ich vor der Behandlung, weil wohl jeder westliche Patient so denkt und das dachte ich auch hinterher. Allerdings weil ich froh war, dass nicht noch mehr Menschen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Meine pendelnde Freundin jedenfalls war zuerst an der Reihe. Der Brahmane setze sich hinter sie und begann mit sicheren Griffen ihren Kopf abzutasten. Danach musste sie sich hinlegen und der Mann fing an, mit kleinen Stöckchen an den Zehen zu drücken. Solange, bis ein lauter Aufschrei kam. Autsch. Noch ein Aufschrei. Autsch. Ich muss vielleicht dazu sagen, dass uns diese besondere Art der Fußzonenreflexmassage schon von einer anderen balinesischen Yogalehrerin bekannt war. So hielt sich die Überraschung in Grenzen. Wir hatten schon gelernt, dass schmerzende Punkte an den Zehen Probleme des Körpers aller Art repräsentierten. Wie sich herausstellte, war auch sie bei diesem alten Mann in die Lehre gegangen.

Die Diagnose für meine Freundin werde ich hier nicht kundtun. Nur soviel: eigentlich alles in Ordnung. Danach zeigte der Medizinmann ihr noch eine Übung, die im Yoga dem Löwen ziemlich ähnlich war, nur dass sie das vor einem Spiegel machen sollte. Man scherzte, man lachte, ha ha, und nach endlosen 45 Minuten war ich endlich an der Reihe.

Mein Herz schlug mir sprichwörtlich bis zum Hals als mein Kopf untersucht wurde. Das dauerte vielleicht eine Minute. Ich musste mich hinlegen, wurde abgetastet und mit Stöckchen maltretiert, das dauerte vielleicht zwei Minuten. Pause. Ich öffnete die Augen, guckte hoch, sah den innehaltenden Brahmanen an und nahm wahr, dass ihm die Tränen in den Augen standen. Wen hätte das nicht zutiefst irritiert? Ich wurde weiter mit Stöckchen beabeitet, währenddessen sprach der alte Mann mit dem Yogalehrer über Dinge in einer fremden Sprache, die ich nicht verstand. Ich schaute mit leerem Blick zu meiner Freundin und entdeckte das blanke Entsetzen in ihrem Gesicht. Die Augen weit aufgerissen, den Mund leicht geöffnet, starrte sie mich panisch an. Tja, dachte ich, was dachte ich eigentlich? Ich glaube es ging in die Richtung, was soll das Ganze? Kann mich mal jemand aufklären?

Irgendwann hörte ich eine gemurmelte Entschuldigung, während er Rotz und Wasser heulte. Er könne nicht mehr weitermachen. Er beruhigte mich noch mit der Aussage, ich solle mir keine Sorgen mache, meine Organe seien alle gesund. Und warum zum Henker heulte der Mann dann? Ich habe vielleicht ein kleines Rückenproblem, was er auch erkannt hat, aber ist das jetzt so schlimm, dass es einen alten Mann in die Verzweiflung treibt?

Das ganze hat vielleicht zehn Minuten gedauert. Ich stand auf, meine Freundin nahm mich in den Arm und meinte zu mir, dass sie eigentlich eine Todesnachricht erwartet hatte. Auf Nachfragen beim Yogalehrer, was das denn sollte und was beredet wurde, bekam ich keine Antwort. Nur den Hinweis, dass der Heiler sehr sensibel sei. Aha.

So blieb ich ratlos zurück und überlege mir bis heute, was den an jenem Tag vor sich gegangen ist. Übrig geblieben ist eigentlich eine nette Anekdote und und die Hoffnung, dass der alte Mann nur einen schlechten Tag hatte. Außerdem bin ich ja sooo rational. Mein Intellekt sagt mir, dass das alles Unsinn ist, oder?

Kathrin

4 Kommentare zu “Eat Pray Love oder warum es nicht immer sinnvoll ist, einem balinesischen Heiler zu begegnen

  1. Das ist ja ein kleiner Alptraum.
    Ich dachte daß die genannten Personen zumindest nur ‚weiße‘ Magie betreiben, dieses Erlebnis aber empfinde ich als einen Alptraum und tief schwarz. eine Zumutung!
    Übrigens kenne ich sowohl den erwähnten Heiler und die Yoga Dame seit vielen Jahren persönlich, schätze vor allem den alten Mann, und sie versuchts ja auch redlich. Aber das…nee!

    Aber nimm‘ mich bitte nicht so ernst, denn für mich sind so gut wie alle Yoga Angebote in Bali Bussines Humbug, und Ayurveda Kuren, obwohl ich Ayurveda überaus schätzte, eine Mode mit der, zu oft mit geringem Fachwissen, viel Geld gemacht wird. Ich hoffe die Kur war gut für Dich.

    • Ich habe es überlebt und keine größeren seelischen Schäden davon getragen….Und ja, die Kur war hervorragend. Ich habe sie bei einer indischen Ärztin gemacht, die Du dann sicher auch kennen wirst.
      Gruß Kathrin

  2. Super daß die Kur hervorragend war.
    Nein, die indische Ärztin kenne ich nicht.
    Es ist kritisch den Zeitpunkt das Fasten zu stoppen und den Ausstoß der gesammelten Giftstoffe zu machen genau zu treffen.

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